Theaterkunst Talk
Birgit Missal
Als der Film “Amrum” am 9.10.2025 in den deutschen Kinos startete, kannten die meisten Amrumer ihn bereits. Sie besuchten eine der exklusiven 30 Vorpremieren im kleinen Inselkino der Nordseeinsel. Sie waren auch die ersten, die das Kostümbild von Birgit Missal und ihres Teams sehen konnten.
Birgit Missal stammt aus Hamburg und hat schon früh eine Leidenschaft für Epochen und historische Textilien entwickelt. Nach einem Praktikum beim NDR studierte sie Kostümbild an der HAW in Hamburg und Modedesign an der Akademie JAK.
Sie ist seit vielen Jahren als Kostümbildnern und Head of Costume für den Look der Serie „Rote Rosen“ verantwortlich. Zu ihren Erfolgen gehören auch der TV-Mehrteiler „Krupp – Eine deutsche Familie“ und Kinofilme wie „Das fliegende Klassenzimmer“ sowie der vielfach ausgezeichnete „Der Baader Meinhof Komplex“, für den sie 2009 für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bestes Kostümbild“ nominiert wurde.
In „Amrum“ erzählt Regisseur Fatih Akin nach der autobiografischen Romanvorlage von Hark Bohm die Geschichte des 12-jährigen Jungen Nanning (Jasper Billerbeck), der die letzten Kriegstage 1945 auf der Insel Amrum erlebt. Gemeinsam mit seinem Freund Hermann (Kian Köppke) arbeitet er jeden Tag auf den Feldern der Bäuerin Tessa (Diana Kruger) während alliierte Bomber in Richtung Festland fliegen. Seine hochschwangere Mutter Hille (Laura Tonke) glaubt unterdessen weiterhin fest einen Sieg.
Copyright Portrait: Warner Bros. Entertainment Gmbh („Amrum“); ZDF („Krupp – Eine deutsche Familie“)
Theaterkunst
Birgit Missal
Wie hast du dich der Geschichte des Films „Amrum“ genähert. Welche Besonderheiten gab es in der Vorbereitung?
Mit der Familie Bohm bin ich seit Jahrzehnten familiär verbunden und wenn Hark schreibt, involviert er oft die ganze Familie und Freunde in den Schreibprozess. Somit war das Drehbuch und dessen Entwicklung immer präsent für mich und es lag mir sehr am Herzen, dieses Projekt zu begleiten.
Die Serie lebt vor allem vom Jungdarsteller Jasper Billerbeck (Nanning), der als echte Entdeckung gilt. Wie bist du an seine Kostüme herangegangen, denn er ist ein Hamburger Stadtjunge, der nach Amrum kommt.
Im Grunde habe ich in Jasper den kleinen Hark von damals gesehen, den ich schon aus Fotoalben dieser Zeit kannte. So konnte ich meine Recherche anhand von Familienalben der Familie Bohm gut umsetzen. Dazu kam, dass meine Familie mütterlicherseits auch aus Hamburg kommt und meine Mutter fast der Jahrgang ist wie Hark Bohm. Ich hatte von Beiden genug Fotorecherchematerial. Auch Zeitungsberichte aus der Zeit mit Fotos von den Kriegsflüchtlingen der friesischen Inseln waren für mich hilfreich.
Wo hast du historische Bilder und Fotografien über die Kleidung der Amrumer in den Kriegsjahren gefunden? Konntest du vor Ort auf der Insel recherchieren?
Leider fehlte auch bei diesem Projekt dafür Zeit und Geld, um vor Ort in der Vorbereitungsphase zu recherchieren. Nicht alles ist im Internet recherchierbar, deshalb sind noch immer Bibliotheken sehr wertvoll für eine historische Recherche – auch die Bibliothek der Theaterkunst Berlin hat uns hier geholfen.
Du bist seit vielen Jahren für das Kostümbild der Telenovela „Rote Rosen“ verantwortlich. Wie unterscheidet sich die Arbeit für eine seit fast 20 Jahren laufende Serie von einem Kinofilm?
Das Organisatorische im Department Kostüm selber unterscheidet sich gar nicht so erheblich. Es ist in diesem Bereich sehr vergleichbar mit einem großen Spielfilmprojekt.
Ich wünschte mir, dass es hier von Seiten der Produktionen, Produzentinnen und Produzenten mehr Anerkennung gegenüber Serien und Telenovelas geben würde.
Aber die Recherche bezüglich historischer Kostüme und auch das Ausarbeiten der Charaktere mit Regie und Schauspieler/innen bietet bei Kinoprojekten mehr Spielraum. Auch die Zusammenarbeit mit Szenenbild, Maske und Kamera ist viel intensiver.
Wie bist du zum Kostümbild gekommen und was liebst du an deinem Beruf?
Ich komme mütterlicherseits aus einer NDR-Familie. Mein Opa und mein Onkel waren Tontechniker beim NDR. Medien waren für mich schon immer präsent und hinzu kommt, dass meine Mutter einen Antiquitätengeschäft auf Sylt hat und ich mit den verschiedenen Epochen der Zeitgeschichte von Kindheit an vertraut war. Ich hatte mich schon immer auf die antiken Textilien gestürzt und früh eine kleine Textiliensammlung angehäuft.
Ein einjähriges Praktikum beim NDR hat mich dann überzeugt, Kostümbild zu studieren und mit jedem neuen Projekt habe ich eine neue Herausforderung gefunden. Genau das ist es, was ich daran so liebe. Immer wieder etwas Neues aus der Vergangenheit zu erfahren und damit wieder etwas Neues zu erschaffen.
Ganz unter uns…sprichst du seit den Dreharbeiten ein bisschen Öömrang, den nordfriesischen Dialekt der Insel Amrum?
…also dazu ich kann nur sagen, dass es mich sehr beeindruckt hat, wie toll die Schauspieler mit der Sprache umgegangen sind. Es ist wirklich eine bewundernswerte Leistung.
Vielen Dank für das Interview und bis bald in der Theaterkunst!
Auch von meiner Seite vielen lieben Dank für das Interview und ein riesiges Dankeschön an das gesamte Team der Theaterkunst, die meinem Team und mir stets kompetent zur Seite standen!