Theaterkunst Talk – Esther Walz

Esther Walz

Aktuell feiert „Der vermessene Mensch“ seine Premiere auf der BERLINALE in der Reihe Berlinale Special. Am 23. März ist offizieller Kinostart. Esther Walz ist für das Kostümbild verantwortlich, das Anfang des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist. Seit vielen Jahren erfolgreich in ihrem Gewerk, hat sie das Kostümbild für Produktionen wie „Barbaren“, „Die Wannseekonferenz“, „Furia“ „Charité“, „Das schweigende Klassenzimmer“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“, „Die Päpstin“ und viele andere kreiiert. Für „Der Staat gegen Fritz Bauer“ gewann sie 2016 den Deutschen Filmpreis für das „Beste Kostümbild“.

Sie pendelt zwischen München und Paris, macht aber regelmäßig einen Stopp in Berlin und der Theaterkunst. Sie kennt unser Haus wahrscheinlich genauso gut wie ihren eigenen Kleiderschrank. Es ist an der Zeit, ihr ein paar Fragen zu stellen.

Copyright: Julia Terjung / Studiocanal GmbH

Theaterkunst

Esther Walz

„Der vermessene Mensch“ erzählt von einem jungen Berliner Ethnologen (Leonard Scheicher), der Anfang des 20. Jahrhunderts in der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika Zeuge des Völkermords an den Herero und Nama wird. Was waren Ihre ersten Gedanken, als Regisseur Lars Kraume mit diesem spannenden Projekt auf Sie zu kam?

Ich habe mich gefreut. Lars Kraume hat ein Gespür für Themen, die aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt wurden und nun neu aufgearbeitet werden. Mit der Thematik des deutschen Kolonialismus und dem Völkermord an den Herero und Nama ist ihm das, glaube ich, wieder gelungen.

Wie haben Sie sich der Zeit um 1904 bis 1908 und des Themas genähert? Welche Herausforderungen gab es?

Ich las viel Literatur und ließ mich einerseits von meinem Militär-Spezialisten und andererseits von den Historikern des Museums in Windkhouk beraten. Dafür flogen wir, Lars, der Szenenbildner und ich, im Vorfeld extra nach Namibia. Der direkte Diskurs vor Ort hat mich sehr berührt. Besonders wichtig für mich war das Treffen mit Cynthia Mica – eine Frau, die mit ihrer Herkunft die Geschichte der Kolonialzeit in sich vereint. Mit ihrer Hilfe konnte ich mich diesem sensiblen Thema nähern. Sie begleitete das ganze Projekt, übernahm die Herstellung der traditionellen Herero Kostüme und half sichtbar zu machen, dass dieses Thema ihr und den heutigen Herero und Nama eine Herzensangelegenheit ist.

Für Ihre Arbeit an „Der Staat gegen Fritz Bauer“ wurden Sie 2016 mit dem „Deutschen Filmpreis“ ausgezeichnet. Für „Das schweigende Klassenzimmer“ und „Die Päpstin“ waren Sie nominiert. Was macht diese Kostümbilder so herausragend?

Ich hatte großes Glück. Ein Film ist immer ein Zusammenspiel der Departments und des Casts. Ein gutes Kostümbild steht auf verlorenen Posten, wenn der Rest nicht stimmt. Mir ist die Authentizität der Kostüme besonders wichtig. Eine umfangreiche Bildrecherche und die Wahl der richtigen Stoffe sind dafür die Basis. Aber wie gesagt, ein gelungenes Kostüm steht immer in Symbiose mit Regie, Schauspielern und Szenenbild und je besser die Zusammenarbeit funktioniert, desto besser das Resultat.

Wie treffen Sie die Entscheidung, ob Sie ein Kostüm leihen, kaufen oder anfertigen lassen? Spielt hier vorwiegend das Budget oder das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle?

Nachhaltigkeit ist ein sehr zu beachtender Punkt. Aber natürlich muss auch das Budget im Auge behalten werden. Letztendlich steht für mich jedoch immer der künstlerische Aspekt im Mittelpunkt. Das Ziel ist es, der Rolle und der zu erzählenden Geschichte maximal gerecht zu werden.

Was schätzen Sie ganz besonders an der Theaterkunst? Und Hand aufs Herz: Kennen Sie sich hier genauso gut aus wie in Ihrem eigenen Kleiderschrank?

Nun ja… Schließlich sind Teile meines Kleiderschranks in die Theaterkunst gewandert. Ebenso viele Kostüme, die ich im Laufe der letzten Jahrzehnte für diverse Filme habe anfertigen lassen. Deshalb kenne ich die TK sehr gut und weiß, welche Schätze man dort finden kann.

Auch die Anzahl der dort zu finden Originale sind in ihrer Qualität und Quantität bestechend, ebenso wie das sehr hilfsbereite Team, bei dem ich mich gut aufgehoben fühle. Außerdem ist die gut sortierte Bibliothek ein Ort, den ich bei meinen Recherchen nicht missen möchte.

Welchen Tipp würden Sie dem Nachwuchs Ihres Gewerks geben? Was hätten Sie gern ganz am Anfang Ihrer Karriere gewusst?

Ich habe als Autodidaktin begonnen und habe mich nach einigen Jahren der Tätigkeit für ein Studium in New York entschieden, weil ich denke, eine solide Ausbildung ist wichtig. Mein Weg hat sich aus verschiedenen Gründen so gestaltet, aber ich denke, andersherum wäre es einfacher gewesen. Im Übrigen lernt man auch sehr viel von den Kameraleuten und von guten Filmen.

Vielen Dank für das Interview und bis bald in der Theaterkunst!

Bis bald!